Winter-Tour mit dem Wohnmobil an die Nordsee
Tee, Deiche und Watt in Ostfriesland

Winter an der Nordsee: Möwen kreisen über Watt und Wellen, die Luft ist klar, der Himmel weit. Die nächste Tasse Tee vertreibt die Kälte des Winterwindes. Ostfriesland ist in der kalten Jahreszeit heimelig-schön und besonders toll mit dem Wohnmobil zu erkunden.

Reise-Tipp Ostfriesland
Foto: Marc Reichel

Oben auf dem Deich weht es uns fast die dicken Mützen von den Köpfen. Anlandiger Wind treibt die aufkommende Flut vor sich her, auf den Wellen tanzen weiße Schaumkronen. Doch was wir Landratten schon für Sturm halten, würdigen die Einheimischen kaum eines Blickes. "Eine steife Brise", brummt ein Fischer, der am Hafen seinen Kutter für die nächste Ausfahrt vorbereitet. Mehr nicht. In Ostfriesland ist man an die Gewalten der Natur gewöhnt, warum viele Worte darum machen? Ostfriesland im Winter, das ist Meer, Wind und Weite bis zum Horizont. Und natürlich Tee.

Ostfrieslands Teespezialitäten

Auf den Geschmack kommen wir unweit des Hafens von Emden, wo wir im Thiele-Tee-Kontor in die Welt des Tees eintauchen. Eine Mischung aus bis zu 20 verschiedenen Teesorten sorgt für den kräftigen Geschmack, nur ein in Ostfriesland gemischter Tee darf sich mit der Bezeichnung "Echter Ostfriesentee" schmücken. Die Zubereitung gleicht einem Ritual, für das am besten eine der vielerorts angebotenen Tee-Zeremonien besucht wird.

Reise-Tipp Ostfriesland
Marc Reichel
Teematisch interessant: Das Angebot der Teeläden erstreckt sich von Kandis bis zum kompletten Teeservice.

Auf schmalen, buckligen Landstraßen geht es in Richtung Küste. Vorbei am Suurhusener Kirchturm, dem schiefsten Turm der Welt, und am rot-gelb geringelten Leuchtturm von Pilsum. Das pittoreske Fischerdorf Greetsiel ist jetzt nicht ganz so überlaufen wie sonst – ein Blick auf die Doppelwindmühle am Ortseingang, und weiter geht es nach Norden. Die älteste Stadt Ostfrieslands beherbergt seit 1922 das Ostfriesische Teemuseum, wo über mehrere Etagen die Geschichte und Bedeutung des heiß geliebten Getränks erklärt werden. Der Ostfriese schlürft pro Jahr 300 Liter davon – zehnmal mehr als der durchschnittliche Bundesbürger.

Raue Nordseeküste

Wie auf einer Perlenschnur aufgereiht liegen die Sielhäfen Neßmersiel, Dornumersiel und Bensersiel an der Küste. Die Namen weisen auf die aus dem Inland kommenden Wasserläufe hin, die am Deich verschlossen werden können. Zwischen den Jahren ist man auch hier auf Gäste eingestellt, ansonsten wird Fischfang betrieben. Krabben und frischen Fisch gibt es morgens direkt vom Kutter, später bei den Fischereigenossenschaften.

Reise-Tipp Ostfriesland
Marc Reichel
Möwen kreisen über Watt und Wellen, die Luft ist klar, der Himmel weit. Ostfriesland ist in der kalten Jahreszeit eine Reise wert.

Im Hafen von Neuharlingersiel heben und senken sich die Schiffe im Rhythmus der Gezeiten, die dicken Holztore werden bei Sturmflutwarnungen dichtgemacht. Hochwasser bedeutet auch, dass an der Wasserlinie befindliche Stellplätze nicht angefahren werden können. Auf Schilder, die Überflutungsgebiete kennzeichnen, sollte geachtet werden. Der Himmel von Carolinensiel erstrahlt in der Silvesternacht in der Farbenpracht der Neujahrsraketen. Am nächsten Tag sind die Cafés geöffnet, selbst in den Außenanlagen dampfen die Teekannen auf den Messingstövchen. Dazu gibt es ein gutes Stück Friesentorte – hochkalorisch, aber sündhaft lecker.

Schmuggel, Ränke und die Unbeugsamkeit der Friesen – auf einem abendlichen Rundgang weiß der Stadtwachtmeister von Esens so manche Geschichte zu erzählen. Das morastige Wasser war einst so schlecht, dass es abgekocht werden musste. Erst die Zugabe von Teeblättern jedoch ließ ein Nationalgetränk entstehen. Zur Verkostung geht es in die Stadt-Schür am Markt, eine der gemütlichsten Teedielen Ostfrieslands. Typisch sind die Teetassen aus feinem Porzellan, und die "Ostfriesische Rose" gehört noch heute zu den beliebtesten Dekoren. Oft werden die Services über Generationen weitergegeben.

Hier gibt's watt zu entdecken

Über dem weiten Strand von Schillig an der Nordost-Spitze der Ostfriesischen Halbinsel wehen Drachen durch die Lüfte. Hinter Wasser und Watt erscheint die Insel Wangerooge zum Greifen nah. Vom Jadebusen aus ist es nicht weit nach Jever, die dortige Brauerei unterhält ein kleines Museum. Am Abend finden wir uns in Aurich ein, wo beim Fackelschwimmen am Neujahrstag über 100 Taucher und Schwimmer das Hafenbecken in ein Lichtermeer verwandeln. Vor fast 250 Jahren wurde hier der Teekrieg gegen Kaiser Friedrich II. ausgetragen. Die Friesen gewannen – seitdem ist der Genuss von drei Tassen Tee täglich verbrieftes Ostfriesenrecht.

Über das Ewige Meer, den größten Hochmoorsee Deutschlands, schlagen wir den Weg in Richtung Heimat ein. Nicht aber ohne zum guten Schluss noch in Leer einzukehren. Das liebevoll eingerichtete Teemuseum von Bünting, Ostfrieslands ältestem Teehandelshaus, lohnt den Besuch. Schon der dazugehörige Laden erinnert an die Gründerzeit. Danach geht es noch einmal an den Museumshafen. Der Wind formt die dahinstiebenden Wolken zu immer neuen Mustern, die Luft ist klar. Wir werden wiederkommen.

Weitere Infos finden Sie in unserem Reiseführer für Camping an der Nordsee.

Ostfriesland kompakt: Alle Infos auf einen Blick

Anreise: Von Hamburg via A1, A28, A29 Richtung Wilhelmshaven. Von Hannover via A7, A27, A28 nach Leer. Von Rhein und Ruhr via A31 bis Emden via A1 und A29 nach Wilhelmshaven.

Kulinarische Spezialitäten: Fangfrischen Fisch und Krabben gibt es morgens direkt vom Kutter, ansonsten bei den Fischereigenossenschaften. Leckermäuler sollten die Friesentorte probieren – mehrere Schichten Blätterteig, Mürbeteig, Sahne und Pflaumenmus lassen sich nicht in Kalorien aufwiegen. Zahlreiche Teestuben bereiten den Tee auf traditionelle Weise. Interessant ist der Besuch einer Tee-Zeremonie.

Sehenswertes rund ums Thema Tee:

Auskunft: Ostfriesland Tourismus GmbH, Ledastraße 10, 26789 Leer, Telefon 04 91/91 96 96 60.

Der besondere Tipp

Reise-Tipp Ostfriesland
Marc Reichel
Eine gute Wal: Das Waloseum in Norden.

Das Waloseum in Norden (Dörper Weg 24) informiert über die größten Meeressäuger. Im Hauptraum wird das Skelett eines 15 Meter langen Pottwals ausgestellt, der 2003 vor Norderney gestrandet ist. Außerdem befindet sich hier eine Seehundstation, in der man auch bei der Fütterung dabei sein kann. Geöffnet in den Weihnachtsferien bis zum 7. Januar, jeweils von 10 bis 17 Uhr.

Stellplatz-Tipps für eine Wintertour in Ostfriesland

promobil zeigt schönsten Orte zum Übernachten im Wohnmobil für diese Tour. Mehr Infos und Stellplätze finden Sie in unserer App Stellplatz-Radar und in unserer online Stellplatz-Suche.

26386 Wilhelmshaven (D)
Reisemobilhafen Nautimo
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Promobil 04 / 2024
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Erscheinungsdatum 14.03.2024

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