Opel Ampera-e (2017) Test
Das bietet der Elektro-Opel für rund 40.000 Euro

500 Kilometer Reichweite und den Nutzwert eines Kompakt-Vans soll der Opel Ampera-e bieten. Nur kaufen kann man ihn nicht ohne Weiteres. Dies ist für uns jedoch kein Hinderniss ihn jetzt schon auf Herz und Nieren zu prüfen.

Hier sehen Sie das Auto, von dem eine Zeitlang nicht klar war, ob Sie es kaufen können. Der Ampera-e, das ungeliebte Scheidungskind der GM-Opel-Ehe, er steht immer noch in der Preisliste. Im Konfigurator ist allerdings nur die Top-Ausstattungsvariante zu finden, die Basisvariante soll im zweiten Halbjahr 2018 folgen. Wer einen haben möchte, könne sich von einem Ampera-e-Agenten ein Angebot erstellen lassen, informiert Opel auf seiner Website. Es scheint also nicht ganz einfach zu sein, an das neue Elektroauto von Opel zu kommen.

Unsere Highlights

Mit 60 kWh über 500 km Reichweite

Wir testen den Ampera-e dennoch. Einen Testwagen gibt es bei Opel, er zählt zu den 160 Exemplaren, die bis Oktober 2017 zugelassen wurden. In Dunkelrot-Metallic kostet er als First Edition laut Liste 44.060 Euro. Inzwischen hat Opel die First Edition aus dem Programm genommen, stattdessen gibt es den Ultimate für 48.385 Euro. Das ist ja nun nicht wenig Geld, doch immerhin soll der Ampera-e dafür einiges bieten, unter anderem eine stattliche Reichweite sowie eine ordentliche Portion Nutzwert. Es gehe ja, so schrieb kürzlich ein Kollege, beim Elektroauto hauptsächlich um drei Dinge: die Reichweite, die Reichweite und dann noch die Reichweite. Unter idealen Bedingungen über 500 km weit soll der 60-kWh-Akku im Ampera-e reichen; wenn man es darauf anlegt, sogar bis zu 700, wie andere Kollegen auf einer Test-Sparfahrt bewiesen.

Es ist kühl, als wir zur Testfahrt starten

Na, dann wollen wir mal: Stuttgart, bedeckter Himmel, winterlich kühler Nieselregen, fünf Grad über null – keine guten Bedingungen für ein Elektroauto. Elektrochemische Prozesse mögen keine Kälte, Testredakteure ebenfalls nicht, weshalb wir mit auf 20 Grad eingestellter Heizung sowie angewärmten Sitzflächen losfahren. Scheibenwischer und LED-Scheinwerfer auf Dauerbetrieb, auch das saugt an der Reichweite. 100 Prozent Ladung verspricht die Anzeige; Fahrhebel auf „D“, und los geht’s. Ampera-Novizen sei empfohlen, vor der ersten Ausfahrt das Fahrerhandbuch zu studieren. Unter anderem offenbart sich so die Funktion des linken Paddels am Lenkrad.

Einpedalbetrieb auf „L“

Die L-Position des Fahrhebels empfiehlt sich im Stadtverkehr, so verzögert der Ampera-e beim Gaslupfen mit bis zu 0,3 g. Das ist gewöhnungsbedürftig, doch es ermöglicht den sogenannten Einpedalbetrieb. Damit lässt sich der Opel fast bis zum Stillstand verzögern, ohne dass man die hydraulische Betriebsbremse bemühen muss. Das linke Paddel hinter dem Lenkrad fungiert als manuelle Rekuperationsbremse, in beiden Fahrmodi übrigens. Da der Opel auch über das herkömmliche Bremspedal bei leichter Verzögerung ausschließlich elektrisch rekuperierend bremst, stellt sich die Frage nach dem Sinn der doppelten Bremsbedienung. Ein netter Gag, mehr wohl nicht.

Kräftiger E-Antrieb

Ob das Einpedal-L-Fahren effizienter ist als das Gleiten in der Fahrstufe D, darüber streiten die Fachleute. Spätestens beim Parken sollte wieder „D“ angewählt werden, wobei das abrupte Anhalten gehörig nervt. Oder dann, wenn die Stadtstraßen in Schnellwege übergehen, wie gerade in Degerloch. Der Ampera-e stromert mit den erlaubten 80 km/h durch den dichter werdenden Regen.

Knapp 20 kWh/100 km hat er so auf den ersten 30 km verbraucht, nun geht’s auf die Autobahn. Maximal 120 km/h, so fließt der E-Wagen locker im Verkehr mit. Die Verbrauchsanzeige pendelt weiter um die 20-kWh-Marke. Mit anderen Worten: Circa 300 km weit reichen die 60 kWh des Akkus.

Reichlich Power, wenig Komfort

Opel Ampera-e Test
R. Gargolov
Im Test soll der Ampera-e zwei besonders wichtige Fragen beantworten: Wie fährt er? Und wie weit?

Es wird Zeit, die ersten Eindrücke zu sortieren. An Antriebspower mangelt es dem Ampera-e erwartungsgemäß nicht. Aus dem Stand drückt der E-Motor mit 360 Nm Drehmoment nach vorn, was dem rund 1,6 Tonnen gewichtigen Wagen eine gewisse Leichtigkeit gibt, selbst wenn man nicht jeden Ampelstart gewinnen will. Auch außerorts prägen die reichlich verfügbaren Kraftreserven den Fahreindruck, jedenfalls solange man in Fahrstufe D unterwegs ist. Kleiner Spurt beim Spurwechsel? Kein Problem, in fünf Sekunden düst der Opel von 80 auf 120 km/h – so fix wie ein BMW X5 mit Dreiliter-Diesel.

Weniger glücklich macht der Fahrkomfort. Eine gewisse Hoppeligkeit zeigt der Opel sogar auf der Autobahn, vor allem die Hinterachse reagiert auf Querfugen recht unverbindlich. Auf der Landstraßenrunde über die Schwäbische Alb muss das Fahrwerk kräftigere Anregungen verdauen. Das kann es etwas besser, doch sehr komfortabel agiert es auch hier nicht. Immerhin passt das zum Raumangebot, das zwar ordentlich, aber nicht sehr üppig ist. Hinten müssen die Passagiere auf einer sehr knapp bemessenen Bank Platz nehmen, die Kopffreiheit ist eher ausreichend als luftig. Damit kann man leben, ebenso mit der – nun ja – optimierbaren Fertigungs- und Materialqualität.

Lange Ladezeiten

Nach 170 km über Autobahn, Stadt, Land und immerhin einen Fluss endet die Testfahrt in der Redaktionsgarage. 40,3 kWh hat der Opel dabei aufgearbeitet, verbleiben also 19,7 im Akku, macht 23,7 kWh je 100 km. Die Elektro-Verbrauchsrunde am nächsten Tag ergibt einen Durchschnittswert von etwas sparsameren 21,2 kWh.

Verbrauch und CO2-Ausstoß

Nun könnte man anführen, wie viel CO2 das nach deutschem Strommix ist (118 g/km) – also im Bereich eines sehr sparsamen Benziners. Viel wichtiger aber: Selbst bei den sehr widrigen Bedingungen am Testtag und der nicht betont sparsamen Fahrweise kommt der Ampera-e rund 250 km weit. 350 km sind bei besseren Bedingungen problemlos erreichbar. Und das macht dem Opel so schnell kein E-Auto diesseits der Tesla-Produktpalette nach.

Andererseits: Schnelles Aufladen ist die Sache des Ampera nicht, da er nur einphasig laden kann. An der herkömmlichen Haushaltssteckdose reicht achtstündiges Nachladen gerade mal für knapp 90 km Fahrstrecke, mit einer Wallbox käme man auf gut 130 Kilometer. Denn ähnlich wie Tesla setzte auch GM bei der Entwicklung auf Gleichstrom-Schnellladestationen, die in Deutschland kaum verfügbar sind.

Immerhin verfügbarer als der Ampera selbst. Die Produktion in Michigan jedenfalls soll weiterlaufen und bestellte Ampera-e sollen geliefert werden, sagen sie in Rüsselsheim. Wie schön.

Vor- und Nachteile
Karosserie
gutes Platzangebot vorn
großer Kofferraum
variabler Laderaum
bequemer Zustieg
eingeschränktes Raumangebot im Fond
einfache Materialqualität im Interieur, wenig überzeugende Verarbeitung
schlechte Übersichtlichkeit nach hinten
Fahrkomfort
sehr niedriges Geräuschniveau
umfangreiche Serienausstattung
mäßiger Federungskomfort
kleine Sitze vorn und hinten
schlecht einstellbare Klimatisierung und Heizung
Antrieb
drehmomentstarker Elektromotor
sehr guter Durchzug
sehr lange Ladezeiten
Fahreigenschaften
agiles Fahrverhalten
etwas gefühllose Lenkung
mäßiger Geradeauslauf
Sicherheit
sehr gute Bremsen
zahlreiche Assistenzsysteme
Fußgängerschutz durch aktiven Warnton
Umwelt
hohe elektrische Reichweite
niedriger CO2-Ausstoß nach Strommix
eingeschränkte Nachhaltigkeit durch hohen Rohstoffeinsatz bei Fertigung
Kosten
niedrige Energie- und Unterhaltskosten
hoher Kaufpreis

Fazit

Der Opel Ampera-e bietet einen überzeugenden Antrieb, eine beachtliche Reichweite, tolle Bremsen und exzellente Fahreigenschaften. Doch lange Ladezeiten, der hohe Preis und die schlechte Verfügbarkeit erlauben nicht mehr als dreieinhalb Sterne.

Technische Daten
Opel Ampera-e First Edition
Grundpreis44.060 €
Außenmaße4164 x 1765 x 1594 mm
Kofferraumvolumen381 bis 1274 l
Höchstgeschwindigkeit150 km/h
0-100 km/h7,8 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 09 / 2024
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Erscheinungsdatum 11.04.2024

148 Seiten