Range Rover Evoque im Lesertest
Von wegen Schicki-Micki...

Eisdiele oder Expedition? Was der Range Rover Evoque wirklich kann, beschreibt ein Leser nach einer spektakulären Tour.

Range Rover Evoque im Lesertest
Foto: Florian M. Roebbeling

„Er kann SG 4-5 nach Denzel“. Mit diesem Betreff meldete sich unser Leser Florian M. Roebbeling in einer Mail an die Redaktion und weckte damit unser Interesse. Zur Erklärung für die weniger Alpin-affinen unserer Leser: „Der Denzel“ ist sozusagen die Bibel für alle Offroader, die auf abgelegenen Bergpfaden Europa neu entdecken wollen.

Härtetest mit der Alpen-Bibel

Akribisch sind im Denzel-Alpenstraßenführer, der inzwischen in der 25. Auflage erschienen ist, Gebirgswege, alte Militärstraßen und Schluchtenquerungen beschrieben. Die Bewertung der Befahrbarkeit solcher Strecken nach dem Denzel-Schwierigkeitsgrad (SG) hat sich in der Szene längst durchgesetzt. Schwierigkeitsgrad SG5 ist in der Denzel-Definition „nur für Geländeprofis mit entsprechenden Fahrzeugen und nur allradbetriebene PKW mit großer Bodenfreiheit und angepasster Bereifung“ derjenige mit dem größten Anspruch.
Und das mit einem Range Rover Evoque, der in der Geländewagenszene zwar wegen seines Designs verehrt, aber eigentlich eher vor Straßencafés als dem Gipfelkreuz einer Grenzkammstraße verortet wird?

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Skurriler Rekordversuch als Basis

Florian bejaht das entschieden, im Sommer hat er den Beweis angetreten. Anlass für die Befahrung des Colle Sommeiller war ein etwas skurriler Rekordversuch: Börsenprofi Roebbeling startete per Satelliten-Telefon aus 2.836 Meter Höhe den „höchsten Trade Europas“, was geglückt ist. Für uns interessanter ist allerdings, was er mit dem Range Rover Evoque auf dieser Tour erfahren hat.

Optisch ist die Ähnlichkeit unverkennbar: mit heftiger Sponsorenbeklebung, Dachträger mit Ersatzrad und grobstolligen AT-Reifen könnte man meinen, es mit einem der Werks-Evoque zu tun zu haben, die derzeit mit großer Medienfolklore die Seidenstraße bereisen. Allerdings war Florian weder mit einem Tross an Servicemechanikern unterwegs, noch hat er technische Anpassungen an seinem Evoque vorgenommen. Die einzige Optimierung des Evoque war ein kompletter Unterfahrschutz von Rasta, den er auch anderen Evoque-Fahrern wärmstens empfehlen kann: bei voller Beladung reduziert sich die Bodenfreiheit des kleinen Range Rover um drei Zentimeter.

Range Rover Evoque auf Abenteuer-Tour

Als Dachträger verbaute Florian einen Thule Wingbar mit dem passenden Lastenkorb, der an der originalen Reling befestigt wurde. Die Lösung hat sich trotz hoher Beladung mit rund 50 Kilo als klapperfrei und rüttelfest bewährt. Keine Probleme gab es auf der Tour mit der komplexen Fahrzeug-Elektronik, dafür mit der Programmierung des Terrain Response System: hier wurde bei der Einstellung „Spurrillen“ prinzipiell die Bergabfahrkontrolle aktiviert, auch bei Fahrten in der Ebene oder bergauf, Abhilfe schafft nur das jeweilige manuelle ausschalten.

Aufgefallen ist Florian außerdem, dass die Bergeösen des Evqoue zwar prinzipiell groß genug für die Aufnahme von Seilschäkeln sind, diese aber mangels Freigang nicht mehr zugeschraubt werden können. Größtes Manko des Range Rover Evoque ist in seinen Augen allerdings das übereifrige Warnpiepsen in allen möglichen Situationen, was insbesondere beim rangieren oder orientieren mit offener Tür im Gelände sehr störend sei. „Ich habe nach dieser Tour einen Tinnitus vom Evoque“, so sein Résumé.

Dass Florian die Tour mit montierter Anhängekupplung fuhr, hat ebenfalls einen Grund: „Sonst ist die Anhängersteckdose futsch“. Gut geschlagen haben sich die AT-Reifen, General Grabber in 255/55 R18. Etwas knifflig fand Florian allerdings die Allradtechnik des Range Rover Evoque. In Ermangelung von Untersetzung, Sperre und einer erwähnenswerten Achsverschränkung muss die Traktion über die von der schlauen Elektronik geregelten Radbremsen bereitgestellt werden. Speziell in kniffligen, engen Fahrsituationen wünschte er sich aber mehr als einmal eine Achssperre im Evoque:
„An sehr stark verwinkelten Stellen, wo Du immer nur zehn Zentimeter fahren, dann umstellen/lenken und dann wieder nur ein paar Zentimeter fahren kannst, kommt das Allradsystem an seine Grenzen. Zumindest wenn in genau dieser Situation nicht alle Räder am Boden sind. Weil Du nicht genug - und/oder nicht lange genug - Gas geben kannst, bis die Technik checkt was sie machen soll.“

Fazit: Gerne wieder

Dennoch war Florian nach dem Ende der Tour zufrieden mit dem Range Rover Evoque. Einziger Defekt war ein wegen Grundberührung leicht verzogener Auspuff, der sich anschließend wieder in Form bringen ließ. Florians Fazit:
 
„Mit ein bisschen Zeit und guter Vorbereitung kommt man in dem Evoque deutlich weiter als man glaubt. Für's nächste Mal: Höherlegung von H&R und MT's auf 17 Zoll Felgen. Dann wird's erheblich entspannter.“
 

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